Zur Gesundheitsversorgung gehört auch der Schwangerschaftsabbruch

07/2020

pro familia – Stuttgart, 17.7.2020. Zur Gesundheitsversorgung gehört auch der Schwangerschaftsabbruch – auch die Unikliniken müssen eine gute medizinische Versorgung sicherstellen. Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland unter bestimmten Bedingungen straffrei möglich. Frauen, die sich nach einer Beratung dafür entscheiden, haben Anspruch auf eine gute medizinische Versorgung. In Baden-Württemberg gibt es aber immer weniger Ärzt*innen, die Abbrüche vornehmen. Staatssekretärin Mielich hat den Handlungsbedarf des Landes klar benannt und vorgeschlagen, die dem Land unterstehenden Unikliniken in die Versorgung einzubeziehen. Ein kleiner konkreter Schritt, ein lange bekanntes Problem anzugehen. Die Aufregung darüber ist unverständlich.

Der Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland im Strafrecht verortet und formal nicht Teil der gesundheitlichen Versorgung. Für die Sicherstellung dieser Versorgung und Einrichtungen im ausreichenden Umfang sind allein die Länder zuständig. Seit mehreren Jahren weisen pro familia und Schwangerenberatungsstellen anderer Träger auf Engpässe hin. Gerade junge Ärztinnen kennen die Thematik aus der Ausbildung nicht und fürchten Kriminalisierung und Diffamierung. Eine fundierte Analyse der Situation seitens des Landes liegt bisher nicht vor. Die mit der Novellierung des § 219 a beschlossene Bundesärztekammer -Liste der Ärztinnen und Kliniken, die Abbrüche vornehmen, ist ein Rohrkrepierer: Lediglich zehn Ärzt*innen aus Baden-Württemberg sind dort zu finden.

Daher ist zu begrüßen, dass Staatssekretärin Bärbl Mielich in einem Interview mit der TAZ am 6. Juli die Verantwortung des Landes betonte und die Verortung im Strafrecht problematisierte, die militante Selbstbestimmungsgegner ermutigt und Ärzt*innen abschreckt. Sie benannte außerdem eine kleine Stellschraube, indem sie vorschlug, die unmittelbar dem Land unterstehenden vier Universitätskliniken in die Verantwortung für die Versorgung miteinzubeziehen. Aktuell führen drei keine Abbrüche durch, bzw. allenfalls solche nach medizinischer Indikation und negieren den Versorgungsauftrag von Frauen nach erfolgter Beratung. Schwerwiegend ist, dass dies damit auch nicht Teil des besonderen Qualifizierungsauftrags der Universitätskliniken hinsichtlich der studentischen Lehre und der Weiterbildung der Führungspersonen im Gesundheitsbereich ist. Dies ist nicht nachvollziehbar.

Der Vorschlag der Staatsekretärin beinhaltete keineswegs die Zwangsverpflichtung von Ärzten durch das Land, dies ist nicht möglich. Sehr wohl kann aber bei Neueinstellungen an Kliniken auf entsprechende Stellen die Bereitschaft zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen abgefragt und verlangt werden. Dies wurde bereits 1991 durch ein Bundesverwaltungsgerichtsurteil vom 13. Dezember 1991 entschieden. Die Unikliniken im Land könnten bei Neueinstellungen eine Anforderung im Stellenprofil formulieren. Kein Arzt und keine Ärztin ist verpflichtet, sich auf eine entsprechende Stelle zu bewerben! Frauen hingegen haben ein gesetzlich verbrieftes Recht, dass ein Eingriff, der auf der Grundlage des in der Bundesrepublik geltenden Rechts durchgeführt wird, verlässlich und medizinisch sicher angeboten wird. Dies muss die Landesregierung sicherstellen und demzufolge das Gesundheitssystem in die Verantwortung nehmen.

Kernproblem bleibt die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruches, der Frauen und Ärzt*innen in die Tabuzone abdrängt. Es ist überfällig Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren und als Teil der gesundheitlichen Versorgung anzuerkennen.

Pressekontakt: Gudrun Christ, Geschäftsführerin pro familia Baden-Württemberg, gudrun.christ@profamilia.de, Tel.: 0711-2599353, mobil 0170-6311280, www.profamilia.de/baden-wuerttemberg


www.profamilia.de/baden-wuerttemberg