pro familia begrüßt Leitlinie zum Schwangerschaftsabbruch und angekündigte Weiterentwicklung

01/2023

Am 26. Januar 2023 hat die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) die neue Leitlinie Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon veröffentlicht. Dazu erklärt der pro familia Bundesverband:

pro familia begrüßt die neue S2k-Leitlinie Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon. Endlich ist die Durchführung und Überwachung eines Schwangerschaftsabbruchs sowie die Methodenwahl zumindest im ersten Schwangerschaftsdrittel in einer Leitlinie geregelt. Die Leitlinie wird Ärzt*innen sowie Berater*innen und Ratsuchenden mehr Sicherheit geben, dass das Prozedere eines Schwangerschaftsabbruchs nach evidenzbasierten Erkenntnissen verläuft. pro familia hat zusammen mit anderen Organisationen an der Leitlinie mitgearbeitet und konnte wichtige Akzente setzen. Besonders wichtig ist an der Leitlinie, dass beide Methoden des Schwangerschaftsabbruchs, der instrumentelle und der medikamentöse, ausführlich behandelt werden. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass der Anteil der medikamentösen Methode in Deutschland viel niedriger ist als im internationalen Vergleich und nicht alle Klient*innen, die es wünschen, diese Methode wählen können. Die Leitlinie kann dazu beitragen, dass sich das künftig ändert.

pro familia lobt, dass die Leitlinie die Empfehlung enthält, dass Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch erwägen, frühzeitig evidenzbasierte Informationen und Unterstützung angeboten bekommen sollen. Diese sollen sie befähigen, eine informierte, selbstbestimmte Entscheidung zu treffen. Zudem wird in der Leitlinie ein respektvoller Umgang mit den Bedürfnissen der schwangeren Frau angemahnt, ebenso wie die Sicherstellung von Vertraulichkeit, ausreichend Zeit sowie eine wertneutrale, nicht bewertende Haltung der Professionellen gegenüber der Entscheidung der Betroffenen. Bedauerlicherweise konnten in den Leitlinien nicht mehr die neuen WHO-Richtlinien zum Schwangerschaftsabbruch („Abortion care guideline“) berücksichtigt werden. Dies muss in der der geplanten S3-Leitlinie zum Schwangerschaftsabbruch nachgeholt werden, denn die WHO-Richtlinie stellt auf der Basis internationaler wissenschaftlicher Evidenz zu klinischen Aspekten die zurzeit maßgeblichen Empfehlungen und Erklärungen zur Best Practice beim Schwangerschaftsabbruch zusammen.

pro familia hebt hervor, dass für eine Versorgung zum Schwangerschaftsabbruch in Deutschland nach den Richtlinien der WHO die Rahmenbedingungen für die Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen im Gesundheitssystem und die gesetzlichen Regelungen reformiert werden müssen. Im Sinne einer menschenrechtsbasierten Gesundheitsversorgung spricht sich die WHO für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruch und gegen Zugangsbeschränkungen durch Indikationen, Fristen, verpflichtenden Wartezeiten und Pflichtberatung aus.  pro familia mahnt an dieser Stelle an, dass die ebenfalls dringend benötigte Leitlinie für Schwangerschaftsabbrüche im zweiten und dritten Trimenon nach wie vor fehlt.


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