„Geimpft, genesen, getestet“? Für Kinder ungeeignet!
05/2021
Die sog. „3G“-Merkmale, die angesichts der aktuell sinkenden Fallzahlen und steigenden Impfraten diskutiert werden, sind ausschließlich für Erwachsene anwendbar. Kinder brauchen dringend andere Kriterien. Obwohl sich Gesellschaft und Politik einig scheinen in der Einschätzung, dass die Folgen der Pandemie Kinder und Jugendliche in nahezu allen Lebensbereichen schon viel zu lange unzumutbar benachteiligen, werden sie wieder einmal übergangen – diesmal bei der Diskussion der Kriterien, die über die Rückgabe der Grundrechte und über Lockerungen entscheiden sollen. Dies kritisiert die die Corona Task Force der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) in einer heute veröffentlichten Stellungnahme. DGKJ-Präsident Prof. Dr. Jörg Dötsch erläutert: „Der Status `geimpft/genesen/getestet´ wird, wenn er tatsächlich zum Schlüssel der gesellschaftlichen Teilhabe werden soll, Kinder und Jugendliche ausschließen und ihre Benachteiligung noch weiter verstärken!“ Warum braucht es Alternativen? Das Lockerungskriterium „geimpft“ wird für viele Kinder und Jugendliche zunächst kaum erreichbar sein. Zwar wird eine Zulassung der EMA für den BioNTech-Impfstoff für 12-15 jährige erwartet, sodass die STIKO die Grundlagen für eine Impfempfehlung sorgfältig und kritisch bewerten kann, aber es ist zu erwarten, dass sie zunächst für Kinder und Jugendliche mit besonderen Risikofaktoren ausgesprochen werden wird. Mit einer Zulassung bei Kindern unter 12 Jahren ist stufenweise und frühestens ab Herbst 2021 zu rechnen. Die meisten gesunden Kinder erkranken nicht schwer nach einer SARS-CoV2-Infektion. Mit einer allgemeinen Impfempfehlung zur Erfüllung des Impfziels Eigenschutz des Kindes ist ohne ausreichende Evidenz nicht zu rechnen. Auch das Impfziel des Erreichens eines sog. Herdenschutzes wird als Begründung einer Impfung von Kindern kontrovers diskutiert. Daher werden in absehbarer Zeit de facto nur wenige Kinder ein Impfangebot erhalten. Das Merkmal „genesen“ bei Kindern und Jugendlichen ist ungeeignet, da Kinder mit milden Symptomen häufig nicht getestet und für viele, obwohl sie eine Infektion durchgemacht haben, kein dokumentierter Erregernachweis vorliegt – sie erhalten somit den Genesenen-Status nicht und profitieren nicht davon. Das Kriterium „getestet“ resultiert zumeist aus Antigen-Schnelltesten, die bei asymptomatischen Kindern anders als bei symptomatischen Erwachsenen ein unzuverlässiges Verfahren darstellen, da sie unter Alltagsbedingungen Infizierte sehr variabel erfassen (20-80 %), und zudem bei einer erheblichen Zahl von nicht infizierten Kindern falsch positiv ausfallen. Wenn aufgrund der Höhe der Infektionszahlen eine Testung gerechtfertigt ist, wären PCR-Pooltestungen sehr viel eher im Interesse der Kinder – sie könnten zudem zuverlässige epidemiologische Daten gewinnen, sind aber logistisch aufwändiger als Schnellteste und nicht etabliert. „Wir fordern“, so DGKJ-Präsident Dötsch, „dass Kinder und Jugendliche uneingeschränkt von den gleichen Privilegien profitieren dürfen wie Geimpfte, Genesene oder Getestete. Wir haben sichere Maßnahmenpakete, die den Betrieb von Schulen und KiTas ermöglichen. Auch Sport und Aktivitäten des sozialen Lebens wie Musikunterricht können und müssen unter Einhaltung der einschlägigen Hygiene-Bedingungen stattfinden!“. Die Expertinnen und Experten fordern: „Kinder und Jugendliche müssen auch unter Pandemiebedingung ihr Recht auf Gesundheit, Bildung und soziale Teilhabe wahrnehmen können. Daher müssen für sie Entscheidungskriterien entwickelt werden, die den spezifischen Bedürfnissen dieser Altersgruppe gerecht werden. Die Koppelung der Zulassung von Kindern z.B. zur Teilnahme an Veranstaltungen wie Klassenfahrten oder anderen Ereignissen an den Impfstatus sei ethisch nicht vertretbar, heißt es in der Stellungnahme. Quelle: Presseinfo der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin vom 25. Mai 2021 |