FDP will Paaren zwei Elterngeldmonate streichen und Kommentar LFR

10/2023

Konflikt in der Ampel: Familienministerin Paus musste in ihrem Haushalt kürzen und entschied, dass Besserverdienende Elterngeld nicht unbedingt brauchen. Die FDP will die Unterstützung lieber für alle reduzieren. Die Grünen halten wenig von dem Vorschlag.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat  einen Alternativvorschlag zu den von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) geplanten Kürzungen beim Elterngeld vorgelegt. Das von der Fraktion am Dienstag (18.10.)beschlossene Papier lehnt die von Paus geplante Streichung des Elterngeldes für Familien mit hohen Einkommen ab. Zugleich soll der Elterngeldanspruch für Paare demnach von bis zu 14 Monaten grundsätzlich nur noch zwölf gelten. Zuerst hatte der »Tagesspiegel« darüber berichtet. Nach dem bisherigen Gesetzentwurf der Bundesregierung soll das Elterngeld, das Mütter und Väter als Lohnersatzleistung erhalten, wenn sie nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben, nur noch an Paare gehen, die zusammen ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von maximal 150.000 Euro haben. Dadurch will der Bund perspektivisch bis zu 500 Millionen Euro im Jahr sparen.

Der Gegenvorschlag der FDP sieht unveränderte Einkommensgrenzen vor. Die Vorgabe, dass jeder Elternteil mindestens zwei Monate Elterngeld in Anspruch nehmen muss, wenn ein Paar die volle Höhe ausschöpfen will, entfällt. Der Gesamtanspruch soll nur noch zwölf Monate betragen. Der Parallelbezug von Elterngeld nach den ersten zwei Monaten soll künftig nicht mehr möglich sein – Ausnahmen soll es für Familien mit Zwillings- und Mehrlingsgeburten geben. Eltern, die im ersten Monat nach der Geburt parallel Elterngeld beziehen wollen, will die FDP-Fraktion mit einem zusätzlichen 13. Elterngeldmonat und einem Bonus von 500 Euro unterstützen. Die Liberalen wollen damit die gemeinsame Verantwortung für das neugeborene Kind stärken und haben auch den Regenerationsbedarf von Müttern nach der Geburt im Blick. Nach Vorstellungen der FDP-Fraktion soll die Neuregelung ab 1. April 2024 gelten.

FDP-Fraktionsvize Gyde Jensen sagte, die von Paus geplanten Kürzungen seien »nicht der Weisheit letzter Schluss«. Der FDP-Vorschlag vermeide die mit einer Absenkung der Einkommensgrenze verbundene Leistungsfeindlichkeit insbesondere gegenüber Frauen. Zudem setze die FDP auf größtmögliche Flexibilität und Anreize für mehr Partnerschaftlichkeit bei der Betreuung unmittelbar nach der Geburt.  Die Grünen halten wenig von dem Vorschlag. Paus habe in ihrem Haushalt Kürzungen vornehmen müssen, entgegnete die familienpolitische Sprecherin der Fraktion Nina Stahr. Grundsätzlich seien Einsparungen bei Familien falsch. Paus’ Vorschlag sei aber »am sozial verträglichsten«. Besserverdienende könnten die Kürzungen immer noch am besten ausgleichen.  Man habe versucht »hier nicht mit dem Rasenmäher rüberzugehen«, sondern einen sozialverträglichen Vorschlag zu machen.

Anmerkung Landesfamilienrat: Bei den vorgeschlagenen Sparvarianten der Parteien handelt es sich um einen Zielkonflikt zwischen gleichstellungspolitischen Zielen (und ja, auch die Partnerschaftlichkeit) und dem zentralen Ziel des Elterngeldes – der eigenständigen Existenzsicherung in den ersten Lebensjahr(en) des Kindes. Daher muss man m.E. eine klare Zielehierarchie bilden, also danach fragen, wer am stärksten auf die Leistung angewiesen ist. Schnelle Antwort: Das ist nicht die Familie mit einem Jahreseinkommen über 300.000 Euro. Schließlich war es beim Elterngeld von Anfang an nicht folgerichtig, dass ein Einkommensersatz (wer viel verdient, erhält viel), aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert wird und eben keine Lohnersatzleistung wie Kranken-, Mutterschafts- oder Arbeitslosengeld ist. Das wäre nämlich der systematisch richtige Ansatz gewesen, hätte aber damals wie heute nur wenig Begeisterung bei den Arbeitgebern hervorgerufen. So segensreich die Einführung des Elterngeldes im Gesamten ist, für die Armutsbetroffenen und unteren Einkommen war es das nicht: Für sie halbierte sich ihr Anspruch in Höhe und Zeit (ein Jahr statt bisher zwei Jahre Erziehungsgeld), das Basiselterngeld wurde in 17 Jahren nicht erhöht (!) und außerdem wurde es seit diesem Zeitpunkt voll auf die Leistung nach SGB II angerechnet. Das darf man nochmals in Erinnerung rufen. Und jetzt will die FDP in diesem Sinne noch eine Schippe drauflegen…


Artikel in Spiegel-Online am 19.10.2023