Ein Jahr zum Vergessen? Schule neu denken!

07/2021

Groß war die Freude von (bayerischen) Schulkindern (und ihren Eltern) als sie im Juni endlich wieder komplett in die Schulen durften. Kein Wechselunterricht mehr, kein Homeschooling. Doch ist jetzt wirklich alles wieder gut für die Schülerinnen und Schüler? Klaus Zierer hat seit Beginn der Schulschließungen intensiv an der Frage geforscht, wie sich Schulschließungen und Distanzunterricht auf Kinder und Jugendliche auswirken. Er ist Professor für Schulpädagogik an der Universität Augsburg und hat im Rahmen einer Meta-Studie internationale Daten zu den Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ausgewertet. Sein Befund ist eindeutig: Kinder und Jugendliche weisen in allen Bereichen ihrer Persönlichkeitsentfaltung Defizite vor. Am stärksten betroffen sind Lernende aus bildungsfernen Milieus.

Durchschnittlich ein halbes Jahr Lernrückstand: Mit Blick auf die Lernleistungen wurden Studien aus den USA, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und Deutschland. Verglichen wurde jeweils die Lernleistung in normalen Schulzeiten und während der Schulschließung. Die Daten stammen aus dem Frühjahr 2020, als zu Beginn der Pandemie nahezu weltweit Schulen geschlossen wurden. Obwohl sich einzelne Studien in Umfang und Methodik unterschieden, wurde Eines sehr deutlich: alters- und fächerübergreifend fielen alle Schülerinnen und Schüler durch die Schulschließungen signifikant zurück. Ausgewertet wurden die Entwicklung der mathematischen und muttersprachlichen Kompetenz. „Auf ein Schuljahr hochgerechnet entsprach der Rückgang der Lernleistungen durchschnittlich etwa dem Verlust eines halben Jahres. Man muss zudem davon ausgehen, dass sich diese Lernrückstände im Lauf des Schuljahres und mit dem Fortschreiten der Pandemie weiter verstärkt haben“, erklärt Zierer. Dass die Lernrückstände damit größer sind als die Dauer der Schulschließungen selbst, lässt sich auf negative Effekte der sozialen Isolierung zurückführen. „Lernende“, so fasst es Zierer zusammen, „haben in der Einsamkeit häufig auch zu lernen verlernt.“ Besonders die Situation jüngerer Schulkinder alarmiert: teilweise war der Lernzuwachs bei Grundschulkindern im Homeschooling nur halb so hoch wie im Präsenzunterricht. Markant war überdies die Beobachtung, dass sich sich während des Distanzunterrichts die schon bestehenden Differenzen zwischen Schülerinnen und Schülern in Abhängigkeit zum Leistungsniveau und zum sozio-ökonomischen Hintergrund der Familien vergrößerten. „Lernende, die bereits vor der Pandemie schlechtere Lernleistungen erbrachten, waren ebenso stärker betroffen wie Lernende, die in einem sozialen Brennpunkt aufwachsen“, erklärt Zierer.

Weltweite Zunahme an psychischen Beeinträchtigungen:


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