Corona: Den Ärmsten geht es am schlechtesten

03/2021

Wie es Kindern und Jugendlichen während der Pandemie geht, wird kontrovers diskutiert. Doch die Forschungsergebnisse sind eindeutig: Ihre Lebensqualität ist gemindert – vor allem ärmeren Kindern geht es immer schlechter. Von Andrej Reisin, NDR (am 2.3.2021)

Kinder und Jugendliche brauchen zunehmend psychotherapeutische Hilfe: Das geht aus dem aktuellen Barmer Arztreport hervor, der am Dienstag vorgestellt wurde. Demnach hat sich zwischen 2009 und 2019 die Zahl der Patienten unter 24 Jahren mehr als verdoppelt – auf 823.000. Im zweiten Halbjahr 2020 waren die Zuwächse – mutmaßlich Corona-bedingt – zudem überdurchschnittlich hoch. Durch die Pandemie und die damit verbundenen Lockdowns verschlechtere sich die Situation junger Menschen. Daher müsse mit einem weiteren Anstieg des Behandlungsbedarfes gerechnet werden, sagte Barmer-Chef Professor Christoph Straub. Auch, wenn er einen deutlich längeren Beobachtungszeitraum hat, reiht sich der Bericht der Krankenkasse damit in mehrere Studien ein, die untersucht haben, wie es Kindern und Jugendlichen während der Pandemie geht.

Im Februar hatte das Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) den zweiten Teil seiner COPSY-Studie vorgestellt, an der mehr als 1000 Kinder und Jugendliche und mehr als 1600 Eltern teilgenommen hatten. Besonders aufschlussreich ist, dass mehr als 80 Prozent der Beteiligten bereits im Juni 2020 bei der ersten Umfrage mitgemacht hatten. Daher lassen sich Entwicklungen besonders gut nachvollziehen. Das klare Ergebnis ist: Kinder und Jugendliche leiden stark unter der aktuellen Situation. So habe sich die Lebensqualität und die psychische Gesundheit im Verlauf der Corona-Pandemie immer weiter verschlechtert. Sorgen und Ängste hätten zugenommen, ebenso depressive Symptome und psychosomatische Beschwerden. Fast jedes dritte Kind leide unter psychischen Auffälligkeiten – die allerdings nicht gleichbedeutend mit behandlungsbedürftigen Erkrankungen seien. 70 Prozent gaben in der zweiten Befragung eine geminderte Lebensqualität an, in der ersten waren es noch 60 Prozent – und vor Corona nur 30 Prozent, wie Daten anderer Untersuchungen belegen, an denen sich COPSY orientiert. Psychische Auffälligkeiten hatten demnach vor Corona 20 Prozent.

„Wer vor der Pandemie gut dastand und sich in seiner Familie wohl und gut aufgehoben fühlt, wird auch gut durch die Pandemie kommen“, erklärte die Kinder- und Jugendpsychiaterin Ulrike Ravens-Sieberer. Anders sei es bei Kindern und Jugendlichen aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen: Für Kinder aus Risikofamilien seien Schulen als sozialer Raum besonders wichtig. Diese dürften „nicht nur auf Lerninhalte achten“, sondern müssten „regelmäßig Kontakt zu ihren Schülerinnen und Schülern halten“, so Ravens-Sieberer.

Den ausführlichen Beitrag der „Tagesschau“ vom 2. März 2021 können Sie auf diesem Link lesen


Corona-Kinder-Jugendliche-Tagesschau

COPSY-Studie UKE 2021/2