Baden-Württemberg soll es besser machen! Landesfamilienrat zeigt sich enttäuscht über die Familienpolitik des Bundes

07/2023

Beim Landesfamilienrat hält man das Gezerre der Bundesregierung um die Kindergrundsicherung bei den Haushaltsverhandlungen für unwürdig. Schon jetzt ist absehbar, dass viel zu wenig Geld ins System kommt, um grundsätzliche Verbesserungen damit zu bewirken. Das bloße Zusammenlegen mehrerer Leistungen ist nicht genug. Bei den Kindern und Familien muss mehr ankommen – und es muss einfacher werden. Das aber zeichnet sich bisher nicht ab. Ohne eine Neuberechnung des sozio-kulturellen Existenzminimums bleiben Zweifel, ob die Existenz von Kindern mit der neuen Leistung tatsächlich auf gutem Niveau gesichert ist. Gerade Kinder, die bereits jetzt mit ihren Familien im Leistungsbezug sind, erhalten mit der neuen Leistung Kindergrundsicherung keine Verbesserung und auch die Beantragung wird nicht wesentlich einfacher sein. Im Moment sieht es so aus, als komme hier in erster Linie eine große Verwaltungsreform mit vielen ungeklärten Schnittstellen auf die Familien zu. In Einzelfällen könnte es bei der Zusammenlegung von Leistungen auch zur Schlechterstellung kommen. In der jetzigen Fassung weist der Landesfamilienrat die Kindergrundsicherung daher als ungenügend zurück.

Ein problematisches Signal ist auch der Vorschlag der Bundesfamilienministerin, Teile der Kindergrundsicherung durch die Kappung der Einkommensgrenze beim Elterngeld zu finanzieren. Eltern mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen ab 150.000 Euro würden die Leistung ab 2024 dann nicht mehr erhalten. Dagegen regt sich gerade erheblicher Protest. Der Landesfamilienrat sieht zwar bei der Gruppe der Einkommensstarken keine gesteigerte Schutzwürdigkeit, er wendet sich aber dagegen, dass die Familien die neue Leistung Kindergrundsicherung selbst finanzieren müssen.

Denn eigentlich ist es sogar umgekehrt: Wir brauchen mehr Elterngeldmonate um mehr Gleichstellung zu realisieren! Um die gemeinsame Verantwortungsübernahme für das Kind gleich von Anfang an zu stärken, hat sich der Landesfamilienrat hinter die Forderung eines Familienverbandes gestellt, das Elterngeld auf eine Bezugsdauer von maximal 18 Monaten auszubauen. In dem frei aufteilbaren Modell soll sichergestellt werden, dass jeder Elternteil einen eigenen Anspruch auf 6 Monate hat und weitere 6 Monate frei aufteilbar sind. Für mindestens ebenso wichtig hält der Landesfamilienrat eine Anhebung des seit 2007 unverändert niedrigen Sockelbetrags beim Elterngeld von 300 Euro monatlich. Immerhin erhalten ein Drittel der Mütter nur diesen niedrigen Betrag. Auch die vollständige Anrechnung des Elterngeldes auf Leistungen nach dem SGB II (Bürgergeld) wird kritisiert. Gerade die armen Familien gehen seit Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 völlig leer aus.

Mit Blick auf das Land und die Kommunen ist es dem Landesfamilienrat wichtig, dass zur Geldleistung „Kindergrundsicherung“ – aber nicht nur dafür – auch die nötige Sachleistung in Form von Information, Beratung und Vermittlung zu den finanziellen Leistungen oder familienunterstützenden Angeboten bereitgestellt wird. Die Erfahrung mit dem Kinderzuschlag – einer Leistung, die nur rund ein Drittel aller Anspruchsberechtigten erhält – zeigt, dass viele Eltern nicht ausreichend informiert sind oder die Hürden der Antragstellung nicht überwinden, oft auch wegen fehlender Sprachkenntnisse. Der Landesfamilienrat BW fordert daher, die Zugänge ins Leistungs- und Hilfesystem zu verbessern. Dabei müssen nach Ansicht des Landesfamilienrates auch dringend die digitale Antragstellung verbessert und die bürokratischen Hürden gesenkt werden. Die derzeit vom Land erarbeitete Familienförderstrategie muss deshalb als wesentliches Element eine solche „Lotsenfunktion“ beinhalten, um a) die Zugänge zu Leistungen zu verbessern und b) die Angebote für Kinder und Familien vor Ort gerade denen zugänglich zu machen, die sie am meisten benötigen.


Positionierung Landesfamilienrat zur Familienpolitik des Bundes